Wenn Solidarität zur Verhandlungsmasse wird

Solidarität als Sparmodell – Arbeitgeber wollen Familien zur Kasse bitten

Die Arbeitgeberverbände haben wieder eine brillante Idee, wie man ein krankes System kuriert: indem man die Patienten zur Kasse bittet. Konkret fordert die BDA, dass Ehepartner in der Familienversicherung künftig rund 220 Euro im Monat zahlen sollen, auch wenn sie kaum oder gar kein Einkommen haben. Bislang sind sie beitragsfrei mitversichert.

Begründung: Das würde 2,8 Milliarden Euro jährlich „sparen“. Sparen für wen, ist dabei die spannendere Frage. Für die Arbeitgeber, die ihre Anteile an den Beiträgen möglichst stabil halten wollen. Für die Politik, die lieber neue Belastungen erfindet, statt alte Fehler zu korrigieren. Für die Krankenkassen, die lieber Löcher stopfen, als Strukturen zu reformieren.

Die Familienversicherung ist kein Bonus, sondern Teil des solidarischen Grundgedankens des Systems. Wer diesen Pfeiler ankratzt, rüttelt am Fundament. Dass ausgerechnet diejenigen, die von einem gesunden Arbeitsmarkt und stabilen Beschäftigungsverhältnissen profitieren, jetzt nach Beiträgen der Familien rufen, ist schlicht grotesk.

Der CDU gefällt’s: Man solle „offen darüber diskutieren“. Die SPD nennt es „einen Angriff auf den Zusammenhalt“. Am Ende wird beides stimmen, erst wird diskutiert, dann kassiert.

Das deutsche Gesundheitssystem ist nicht krank, weil Familien zu wenig zahlen, sondern weil Verwaltung, Bürokratie und Lobbyinteressen sich darin eingenistet haben wie ein chronischer Infekt. Statt dort anzusetzen, zielt man auf die, die sich am wenigsten wehren können.

Wer Solidarität als Kostenfaktor betrachtet, hat längst vergessen, wofür dieses System einmal stand.


Disclaimer: Dieser Beitrag stellt eine freie Meinungsäußerung gemäß Art. 5 GG dar. Er dient der politischen und gesellschaftlichen Meinungsbildung und erhebt keinen Anspruch auf journalistische Neutralität oder rechtliche Beratung. Alle Informationen beruhen auf öffentlich zugänglichen Quellen.

© 2025 Mirko Fuchs
Foto: KI-generiert


 


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