Eschenburg stolpert Richtung Kassensturz

Wie man eine Gemeinde finanziell gegen die Wand fährt – und sich dann wundert

Eschenburgs Führungsspitze beschreibt die Lage selbst als „deprimierend“. Büroleiter Rainer Deutsch sagt es offen, und CDU-Ausschusschef Rolf Dietrich setzt noch eins drauf, indem er die Haushaltsentwicklung mit Konkursverschleppung in der freien Wirtschaft vergleicht. Wenn solche Worte aus der Mitte der kommunalen Verantwortung kommen, muss man nicht mehr lange suchen, um zu verstehen, in welcher Schieflage die Gemeinde steckt.

Die Realität ist simpel: Die Finanzlage ist angespannt, und die „Lichtblicke“, mit denen sich die Verantwortlichen selbst beruhigen, reichen nicht aus, um das strukturelle Minus zu beheben. Die Soforthilfe des Landes Hessen in Höhe von 266.798 Euro ist ein Einmaleffekt, der bei einem prognostizierten Minus von knapp drei Millionen Euro im Jahr 2026 kaum ins Gewicht fällt. Auch das Plus bei der Gewerbesteuer wirkt in diesem Kontext eher wie ein Strohhalm denn wie eine solide Entwicklung.

Deutsch weist selbst darauf hin, dass es ohne spürbare Trendwende auf ein Haushaltssicherungskonzept hinausläuft. Das ist kein politisches Schlagwort, sondern ein klarer Hinweis darauf, dass die Gemeinde ohne Kurskorrektur in Zukunft weniger Gestaltungsspielraum haben wird, weil Aufsichtsbehörden stärkere Vorgaben machen. Wer das ignoriert, verdrängt die Fakten.

Die Lasten sind bekannt: steigende Personalkosten, höhere Kreis- und Schulumlagen, sinkende Schlüsselzuweisungen und gesetzlich bedingte Mehrkosten bei den Kitas. Die Kostenentwicklung der „Neuen Mitte“ schlägt spürbar zu Buche. All das wurde nicht über Nacht ausgelöst, sondern ist seit Jahren absehbar. Trotzdem entsteht der Eindruck, dass man sich eher vom Kalender überraschen lässt, statt frühzeitig gegenzusteuern.

Auch der Hinweis, dass andere Kommunen in Mittelhessen ebenfalls unter Defiziten leiden, rettet niemanden. Es dokumentiert höchstens, dass die strukturellen Probleme größer sind als Eschenburg allein. Aber es entbindet die eigenen Verantwortlichen nicht davon, konsequente Entscheidungen zu treffen, statt sich auf einmalige Landesmittel oder zufällige Gewerbesteuerschwankungen zu verlassen.

Besonders brisant wirkt der Blick auf die Gemeindewerke, die der Kommune rund 2,9 Millionen Euro schulden. Theoretisch wäre diese Summe für den Haushalt relevant, praktisch würde ein Abgreifen dieser Mittel die Gemeindewerke in erhebliche Schwierigkeiten bringen. Ein Haushaltsloch stopft man nicht, indem man einem anderen Bereich das Fundament entzieht.

Wenn am Ende Infrastruktur „verrottet“, wie Deutsch es selbst formuliert, ist das kein externer Schicksalsschlag, sondern das Ergebnis politischer und finanzieller Entscheidungen, die zu spät, zu zögerlich oder gar nicht getroffen wurden.

Eschenburg braucht keinen weiteren Beruhigungssatz. Die Gemeinde muss ihre Lage nüchtern einordnen und endlich Entscheidungen treffen, die tragfähig sind. Wer das verweigert, riskiert, dass Probleme weiter wachsen und die Zukunft unnötig belastet wird.


Disclaimer: Dieser Text stellt eine meinungsbasierte journalistische Bewertung dar. Alle Zitate stammen aus öffentlich zugänglichen Berichten und offiziellen Äußerungen der genannten Personen. Wertende Formulierungen sind als persönliche Einschätzung zu verstehen. Eine Behauptung über strafrechtliche oder dienstrechtliche Verfehlungen wird ausdrücklich nicht erhoben. Verantwortungsträger werden nicht der Pflichtverletzung bezichtigt; es handelt sich um eine kritische Kommentierung kommunalpolitischer Entwicklungen im Rahmen von Art. 5 Abs. 1 GG (Meinungsfreiheit).

© 2025 Mirko Fuchs
Foto: KI-generiert


 


Entdecke mehr von Hessenpolitik

Melde dich für ein Abonnement an, um die neuesten Beiträge per E-Mail zu erhalten.