Politische Fehler, reale Kosten: Die Rechnung für Eschenburgs Haushalt

Kita „Neue Mitte“: Die späte Erkenntnis der Kommunalpolitik in Eschenburg

Manchmal ist Kommunalpolitik wie der Blick in den Rückspiegel nach einem Totalschaden. Hinterher weiß plötzlich jeder, wo man hätte bremsen sollen. Vorher wollte nur niemand das Bremspedal suchen.

Das zeigt sich exemplarisch am aktuellen Bericht, Kita „Neue Mitte“ bestimmt Haushaltsreden in Eschenburg, in dem deutlich wird, wie sehr das gescheiterte Projekt inzwischen Haushalt, Politik und öffentliche Debatte prägt. Was einst als modernes Investorenmodell verkauft wurde, ist heute ein politisches Lehrstück. Ein Lehrstück darüber, wie attraktiv „blumige Versprechungen“ klingen, solange noch kein Baustopp droht, keine Anwälte schreiben und keine Millionen im Haushalt fehlen. Jetzt, wo das Defizit Richtung drei Millionen Euro marschiert, entdecken plötzlich viele ihre kritische Ader. Überraschend spät, aber immerhin rechtzeitig vor den Kommunalwahlen im Frühjahr.

Im Artikel auf mittelhessen.de wird Bürgermeister Götz Konrad mit der Aussage zitiert, der Bau der Kita „Neue Mitte“ über einen Investor sei ein Fehler gewesen. Das ist offen und ehrlich. Es ist aber auch bequem. Denn Fehler einzugestehen fällt leichter, wenn sie längst passiert sind und die Rechnung bereits auf dem Tisch liegt. Schwieriger wäre es gewesen, die Risiken damals klar zu benennen und politisch auszuhalten. Stattdessen wurde in allen Gremien beschlossen, zugestimmt und umgesetzt. Heute ist von einer Verantwortung die Rede, aus der niemand herauskomme. Das mag formal richtig sein, ändert aber nichts an der finanziellen Realität.

Auch die im Artikel wiedergegebenen Haushaltsreden folgen diesem Muster. Die CDU verweist auf die drastische Entwicklung der Defizite und stellt fest, dass am Ende die Bevölkerung zahlt. Das ist korrekt, aber keine neue Erkenntnis. Die SPD verweist auf Pflichtaufgaben und stark gestiegene Kosten und bringt offen höhere Steuern ins Spiel. Für viele Bürger bedeutet das am Ende, dass politische Entscheidungen in den Gremien getroffen werden, während die finanziellen Folgen unten bei den Bürgern landen. Die FWG kritisiert eine aus ihrer Sicht unzureichende Recherche bei der Auswahl des Investors, Defizite in der Projektüberwachung und überzogene Vorgaben. Inhaltlich ist daran vieles nachvollziehbar, zeitlich kommt diese Analyse jedoch reichlich spät.

Besonders pikant ist der Zeitpunkt dieser Offenheit, der im Artikel deutlich wird. Plötzlich wird offen über Fehleinschätzungen, finanzielle Risiken und strukturelle Schwächen im Umgang mit Großprojekten gesprochen. Es stellt sich die Frage, ob diese neue Ehrlichkeit allein aus Einsicht entsteht oder auch im Zusammenhang mit den anstehenden Kommunalwahlen steht. Im Frühjahr möchte niemand mehr erklären müssen, warum Warnsignale nicht stärker gewichtet und Risiken lange Zeit relativiert wurden.

Die Kita „Neue Mitte“ steht damit sinnbildlich für größere Probleme, die der Artikel offenlegt. Große Projekte werden optimistisch gerechnet, Investorenmodelle erscheinen auf dem Papier attraktiv und entpuppen sich in der Praxis als anfällig. Verwaltung und Politik reagieren oft erst dann konsequent, wenn der Schaden bereits sichtbar ist. Am Ende bleibt ein Haushalt, der nur noch mit neuen Schulden, höheren Abgaben oder zusätzlichen Belastungen zusammengehalten werden kann.

Nun wird geprüft, verhandelt, korrigiert und notfalls auch juristisch vorgegangen, wie es im Bericht beschrieben wird. Das ist notwendig, aber teuer und Ausdruck nachträglicher Schadensbegrenzung. Begleitet wird all das von der wiederkehrenden Ankündigung, man werde es beim nächsten Projekt besser machen. Dieser Satz fällt in Eschenburg inzwischen fast so regelmäßig wie das Wort Defizit.

Die eigentliche Frage ist daher nicht, ob aus der Kita „Neue Mitte“ Lehren gezogen werden. Entscheidend wird sein, ob diese Lernbereitschaft auch nach der Wahl anhält. Oder ob man sich dann wieder damit begnügt, im Rückspiegel besonders klug auszusehen.

Hinzu kommt ein Eindruck, den viele Bürger teilen dürften: Mit öffentlichen Geldern wird oftmals risikofreudiger umgegangen als mit dem eigenen Geld. Entscheidungen werden getroffen, Modelle ausprobiert und Risiken in Kauf genommen, weil die Konsequenzen am Ende nicht persönlich getragen werden müssen. Geht ein Projekt schief, zahlt nicht der Entscheider, sondern der Bürger. Über höhere Abgaben, neue Schulden oder Einschnitte an anderer Stelle. Diese Logik senkt die Hemmschwelle für Fehlentscheidungen erheblich und verschiebt Verantwortung von denen, die entscheiden, zu denen, die am Ende die Rechnung begleichen.

Richtig ist, dass immer mehr Kosten von Bund und Land auf die kommunale Ebene heruntergereicht werden, ohne dass dafür eine ausreichende Gegenfinanzierung erfolgt. Gerade deshalb sollte man es vermeiden, durch Fehleinschätzungen und unnötige Risiken zusätzliche Kosten zu verursachen, die am Ende erneut von den Bürgern getragen werden müssen.


Disclaimer: Dieser Beitrag stellt eine persönliche, journalistische Meinungsäußerung dar. Er beruht auf öffentlich zugänglichen Informationen und politischen Debatten. Er erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und ersetzt keine rechtliche Bewertung im Einzelfall. Die Meinungsfreiheit ist durch Artikel 5 des Grundgesetzes geschützt.

© 2025 Mirko Fuchs
Foto: KI-generiert


 


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