Ein Land verliert sein Gefühl für Heimat

Poller, Polizei und Punsch – ein Abgesang auf die Unbeschwertheit

Weihnachtsmarkt-Veranstalter stehen jedes Jahr vor neuen Hürden. Sicherheitsauflagen, Versicherungen und behördliche Vorgaben steigen stetig, oft bis in den Millionenbereich. Für viele kleinere Märkte wird das zur Existenzfrage. Immer öfter bleiben Stände dunkel, nicht aus Desinteresse, sondern weil Tradition an Bürokratie scheitert.

Weihnachten in Deutschland war einst ein Fest der Sinne, der Duft von Zimt und Bratäpfeln, das Lachen von Kindern, Musik, die zwischen alten Fachwerkhäusern verklang. Heute bestimmen Betonpoller, Überwachungskameras und Einlasskontrollen das Bild. Wo früher Geborgenheit war, herrscht heute eine sterile Form von Sicherheit. Und während die Politik von „Schutz der Bürger“ redet, sterben unsere Weihnachtsmärkte einen leisen, bürokratischen Tod.

Nach den Anschlägen von Berlin und Magdeburg wurden die Sicherheitsauflagen Jahr für Jahr verschärft. LKW-Sperren, Sicherheitszäune, Videoüberwachung, Personenkontrollen, Notfallkonzepte, alles Pflicht. In größeren Städten summieren sich die Kosten dafür inzwischen auf mehrere hunderttausend bis hin zu mehreren Millionen Euro pro Markt. Auch kleine, dörfliche Veranstaltungen müssen teure Auflagen erfüllen: Sicherheitsgutachten, Versicherungen, Wachdienste, Fluchtwege, Sanitätsdienste.

Der Schutz der Besucher ist selbstverständlich richtig und steht außer Frage, niemand will Sicherheit gegen Sorglosigkeit eintauschen. Doch das Maß ist aus dem Gleichgewicht geraten. Was einst als sinnvolle Vorsorge begann, ist für viele Veranstalter zur finanziellen Belastung geworden.

Private Veranstalter, Vereine oder kleine Gemeinden können diese Summen kaum mehr stemmen. Immer mehr Märkte verschwinden von der Landkarte, nicht wegen mangelnder Besucher, sondern wegen der Kostenpolitik einer Regierung, die sich mit Symbolhandlungen sicherer fühlt als mit echten Lösungen. Die Folge: Das kulturelle Herz des Landes schwindet.

Der Weihnachtsmarkt war nie nur Kommerz. Er war Ausdruck von Gemeinschaft, Nähe und Identität, ein Ort, an dem Menschen miteinander ins Gespräch kamen. Heute wird er zum Sperrgebiet mit Einlasskontrolle. Das ist nicht Sicherheit, das ist die Entkernung einer Tradition.

Die Politik rühmt sich der Fürsorge, doch sie schützt in Wahrheit sich selbst, vor Verantwortung. Man reagiert mit Technik und Beton, statt Ursachen anzugehen. So bleibt am Ende das, was man eigentlich bewahren wollte, auf der Strecke: das Vertrauen, das Gefühl von Heimat, das Miteinander.

Wenn das weihnachtliche Lichtermeer nur noch mit Sicherheitskonzept und Millionenbudget leuchten darf, dann wird aus einem Fest der Freude ein Projekt der Verwaltung. Und wenn das so weitergeht, wird der letzte Glühweinstand irgendwann vom Ordnungsamt geschlossen, wegen zu hoher Sicherheitsgebühren.


Disclaimer: Dieser Beitrag ist eine freie, meinungsäußernde Kommentierung nach Artikel 5 GG. Alle Aussagen stellen wertende Einschätzungen dar, keine Tatsachenbehauptungen.

© 2025 Mirko Fuchs
Foto: KI-generiert


 


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