Wie Eschenburgs Anlieger für den „Luxusausbau“ ihrer Straße bluten sollen – und warum das nichts anderes als Abzocke ist.
Es gibt Geschichten aus der Kommunalpolitik, die klingen, als hätte jemand eine Satire über Behördenirrsinn geschrieben. Doch hier geht’s nicht um Fiktion, sondern um Hirzenhain, 225 Meter Asphalt und Rechnungen, die einem den Kaffee im Hals stecken lassen.
Die Gemeinde Eschenburg hat für den Ausbau der Straße „Unterm Klein Loh“ rund 150.000 Euro ausgegeben. Davon sollen die Anwohner über 111.000 Euro übernehmen, also satte 75 Prozent. Die Gemeinde selbst steuert, ganz großzügig, den Rest bei. Klingt fast so, als würde man einem Ertrinkenden eine Gießkanne Wasser zum Nachfüllen reichen.
Fünf der vierzehn betroffenen Hausbesitzer haben inzwischen Klage beim Verwaltungsgericht Gießen eingereicht. Kein Wunder, wer für ein Stück Straße, das kürzer ist als manche Garagenauffahrt, fünfstellige Beträge zahlen soll, fängt irgendwann an, an der Realität zu zweifeln.
Laut Eschenburgs Straßenbeitragssatzung trägt die Gemeinde bei „überwiegend anliegerbezogenem Verkehr“ gerade einmal 25 Prozent der Kosten. Das ist, als würde man sagen: „Ihr dürft die Straße benutzen, aber bitte vorher das Pflaster selbst bezahlen.“ Bei Eckgrundstücken wird’s noch absurder: Dort zahlt man zwei Drittel, aber nur bis zur nächsten Baustelle, wo dann wieder zwei Drittel fällig werden. Ein kommunales Monopolyspiel, bei dem niemand gewinnt, außer der Kämmerer.
Und weil das alles so herrlich bürokratisch klingt, werden Widersprüche der Anwohner erst mal „ohne Begründung“ an den Anhörungsausschuss weitergeleitet. Die Verwaltung zeigt sich standhaft, oder stur, je nach Blickwinkel. Man könnte fast glauben, die Verwaltung sehe in ihren Bürgern keine Menschen mehr, sondern wandelnde IBAN-Nummern.
Straßenbeiträge gelten längst als Relikt aus der Steinzeit der Kommunalfinanzierung. Viele Bundesländer haben sie abgeschafft, weil sie unsozial, ungerecht und unzeitgemäß sind. In Hessen aber hält man daran fest, schließlich muss der Rubel rollen. Dass dabei Familien und Rentner in die Schuldenfalle geraten, ist offenbar Teil des Plans.
Wenn Bürgerinitiativen wie in Hirzenhain laut werden, wird ihnen gern „Emotionalität“ oder „Unverständnis“ vorgeworfen. Dabei ist der Unmut mehr als berechtigt. Niemand sollte Angst haben müssen, sein Zuhause zu verlieren, nur weil die Gemeinde beschließt, einen Gehweg „nach Möglichkeit“ anzulegen.
Was hier passiert, ist kein Infrastrukturprojekt, es ist eine Umverteilung von unten nach oben.
Eine Gemeinde, die von ihren Bürgern 75 Prozent einer Straßensanierung kassiert, betreibt keine Daseinsvorsorge, sondern Gebührenkunst auf Kosten der Menschen. Der Staat, der sonst keine Gelegenheit auslässt, sich als sozial zu inszenieren, greift hier hemmungslos zu. Hirzenhain wird damit zum Symbol für das, was schiefläuft, wenn Bürokratie Herz und Verstand verliert.
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© 2025 Mirko Fuchs
Foto: KI-generiert
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