AfD-Verbotsfantasien: Zwischen Wunschdenken und Verfassungsrecht
Die Broschüre des Instituts für Menschenrechte behauptet, die AfD wolle die Demokratie abschaffen und sei deshalb gefährlich. Das klingt dramatisch, bleibt aber dünn belegt. Für ein Parteiverbot nach Art. 21 GG reicht es nicht, dass man eine Partei für radikal hält. Das Bundesverfassungsgericht hat im NPD-Urteil von 2017 klar entschieden, dass ein Parteiverbot nur dann in Betracht kommt, wenn eine Partei nicht nur verfassungsfeindliche Ziele verfolgt, sondern auch eine aktiv kämpferische, aggressive Haltung einnimmt und hinreichend wahrscheinlich in der Lage ist, diese Ziele mit politischem Druck oder sogar unter Einsatz von Gewalt durchzusetzen, sodass eine ernsthafte Gefahr für die freiheitlich-demokratische Grundordnung besteht. Genau daran scheiterte das NPD-Verbot – und diese Hürde blendet die Broschüre einfach aus.
Statt Belege und konkrete Zitate zu liefern, verteilt der Text einfache Schwarz-Weiß-Urteile: „Die AfD ist gefährlich.“ Komplexe Rechtsfragen werden auf Grundschulniveau reduziert. Das mag für ein Flugblatt reichen, aber nicht für eine seriöse rechtliche Einschätzung. Wer wirklich aufklären will, muss erklären, welche Kriterien das Bundesverfassungsgericht anlegt, wie es Programmatik und tatsächliche Wirkung bewertet und warum ein Parteiverbot die schärfste Waffe des Rechtsstaats ist.
Besonders problematisch ist der Appell, Bundestag und Bundesregierung sollten „bald“ ein Verbotsverfahren starten. Karlsruhe hat ausdrücklich davor gewarnt, Parteiverbote als politisches Mittel zu missbrauchen.
Auch die Rolle des Instituts selbst wirkt schief. Es darf informieren und Empfehlungen geben – das ist sein gesetzlicher Auftrag. Aber eine staatlich finanzierte Menschenrechtsinstitution, die offen zu einem Parteiverbot aufruft, muss besonders sorgfältig arbeiten und alle Seiten darstellen. Neutral wirkt es nicht, wenn man nur eine Perspektive liefert und Gegenargumente unterschlägt.
Die Broschüre arbeitet außerdem mit Pauschalurteilen wie „Die AfD täuscht“ oder „Die AfD schüchtert ein“. Das ersetzt keine notwendige Einzelfallprüfung. Zwischen Bundesprogramm, Landespolitik und einzelnen Extremisten zu unterscheiden, ist juristisch zwingend – sonst scheitert man spätestens vor Gericht.
Ganz schwach sind die Vergleiche mit dem Nationalsozialismus. Historische Analogien mögen als politische Polemik funktionieren, vor Gericht zählen sie nicht. Dort geht es um konkrete Beweise für planvolles Handeln gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung – nicht um historische Rhetorik.
Und wenn die Broschüre fordert, Lehrkräfte müssten Schülern erklären, warum die AfD gefährlich sei, ist das ein Bruch mit dem Neutralitätsgebot in der politischen Bildung. Der Beutelsbacher Konsens verlangt, dass kontroverse Themen im Unterricht auch kontrovers dargestellt werden. Einseitige Indoktrination ist keine Aufklärung.
In meinen Augen ist die Broschüre ein politisches Statement in einfacher Sprache, aber keine fundierte juristische Analyse. Sie verschweigt die hohen Hürden für ein Parteiverbot, unterschlägt zentrale Urteile und wirbt für eine Maßnahme, die selbst im letzten NPD-Verfahren nicht durchgekommen ist. Wer wirklich Demokratie stärken will, sollte differenziert argumentieren, statt juristisch heikle Forderungen in Parolen zu verpacken.
Quellen:
– Institut für Menschenrechte: Warum ist die AfD gefährlich? Text in Einfacher Sprache (Februar 2025)
– Bundesverfassungsgericht, Urteil 17.01.2017 – 2 BvB 1/13 (NPD-Verbotsverfahren)
– Art. 21 Abs. 3 GG (Parteienfinanzierungsausschluss für verfassungsfeindliche Parteien)
Disclaimer: Dieser Text gibt ausschließlich meine persönliche Meinung wieder. Er stellt keine Rechtsberatung dar. Alle Angaben sind sorgfältig recherchiert, können aber eine individuelle rechtliche Prüfung nicht ersetzen. Änderungen und Irrtümer vorbehalten. Das verwendete Bild (KI-generiert) dient ausschließlich der journalistischen Illustration des Artikels. Die Darstellung von Grundgesetz, Gavel und Broschürentitel ist symbolisch. Die Verwendung des AfD-Logos erfolgt im Rahmen der Berichterstattung (§ 23 MarkenG) und stellt weder Werbung noch eine inhaltliche Nähe zur Partei dar. Es wird kein offizieller oder amtlicher Eindruck erweckt.
© 2025 Mirko Fuchs
Foto: KI-generiert
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